Frauen verdienen im Laufe ihres Lebens nur etwa halb so viel wie Männer, die Lohnlücke liegt immer noch bei 18 Prozent und besonders nach dem ersten Kind schrumpft das Gehalt von Müttern deutlich. Ein Blick in diese Zahlen und wie sie entstehen.
Stell dir vor, du startest am 1. Januar in einen neuen Job. Er macht Spaß, du fühlst dich aufgehoben, alles ist super. Das einzige Manko: Du bekommst erst ab dem 8. März ein Gehalt. Davor arbeitest du umsonst. Das klingt unfair? Ist es auch.
Aber genau so verhält es sich, wenn man auf den aktuelle Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in Deutschland schaut. Denn der liegt derzeit bei 18 Prozent.
Der Equal Pay Day, der dieses Jahr am 7. März stattfindet, markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen rechnerisch umsonst arbeiten, während Männer ab dem ersten Tag bezahlt werden.
Die gute Nachricht: Im vergangenen Jahr lag die Lohnlücke noch ein Prozent höher, es tut sich also was. Aber schaut man auf die letzten 15 Jahre muss man sagen: Leider nur in Trippelschritten.
Gender Pay Gap Definition: Was fließt in diesen Wert mit ein und warum?
Wichtig zu wissen: Man unterscheidet beim Gender Pay Gap zwischen dem unbereinigten und dem bereinigten. Die unbereinigte Lohnlücke liegt bei 18 Prozent, die bereinigte bei sechs Prozent.
Beim unbereinigte Gender Pay Gap von 18 Prozent vergleicht man allgemein den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer*innen. Die Höhe der Lohnlücke schwankt allerdings regional, im Osten ist sie etwa wesentlich niedriger als im Westen.
Beim bereinigten Gender Pay Gap werden die Gehälter in vergleichbaren Positionen, mit vergleichbarer Tätigkeit berücksichtigt. Hier handelt es sich also um den direkten Branchen und Jobvergleich. Die Lücke liegt hier bei sechs Prozent.
Der bereinigte Gender Pay Gap – alles halb so wild?
Viele Fragen sich: Wenn der bereinigte Wert bei sechs Prozent liegt, ist die Lohnlücke dann überhaupt ein so großes Thema?
Machen wir eine einfache Rechnung: Verdient eine Frau sechs Prozent weniger als der Kollege im exakt gleichen Job wären das bei 2.500 Euro Monatslohn des Kollegen ein Minus von 150 Euro monatlich. Im Jahr sind das fast 2.000 Euro und in fünf Jahren fast 10.000 Euro, die einem durch die Lappen gehen. Das zeigt schon mal: Was wenig klingen mag, ist es also überhaupt nicht.
Zusätzlich ist die unbereinigte Lohnlücke grundsätzlich aufschlussreicher, was die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft betrifft. Denn hier zeigen sich die strukturellen Ungleichheiten, wie etwa die schlechter bezahlten sogenannten Frauenberufe, in beispielsweise der Erziehung oder Pflege, aber auch die hohe Teilzeit-Arbeitsquote bei Frauen. Beides führt in der Breite zu finanziellen Herausforderungen, die uns als gesamte Gesellschaft nicht egal sein können. Schauen wir also noch auf andere Zahlen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind.
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Lohngerechtigkeit muss langfristig betrachtet werden
Die finanzielle Schieflage zwischen Frauen und Männern nimmt ab dem 30. Lebensjahr zu und hat weit mehr Auswirkungen als etwas weniger Lohn pro Monat. Sie zieht sich durch das gesamte Leben, bis hin zur Rente. So bedingen sich die Gegebenheiten gegenseitig:
Mit 47,9 Prozent arbeitet die Hälfte aller Frauen in Teilzeit. Bei den Männern ist es etwa jeder Zehnte. Rund die Hälfte der Frauen entscheidet sich aus familiären Gründen dafür. Was bedeutet das für die Lohnentwicklung von Frauen?
Eine Studie zeigte: Frauen bekommen nach ersten Kind 61 Prozent weniger Gehalt, bei Vätern zeigte sich jedoch keine Lohnveränderung. Das geringere Gehalt entsteht maßgeblich durch weniger Arbeitsstunden, aber etwa auch durch geringeren Aufstiegschancen. Die ersten beiden Punkte, bringen uns direkt zum nächsten:
Der Gender Lifetime Gap: liegt bei 45 Prozent im Westen, bei 40 im Osten. Das heißt, Frauen verdienen nur rund die Hälfte des Einkommen von Männern im Laufe ihres Lebens. Und das wiederum führt dann ins nächste Thema:
Die Rentenlücke liegt bei 46 Prozent: Das heißt eben auch nur rund die Hälfte der Rente, die Männer erhalten. Frauen bekommen derzeit im Schnitt etwa 700 Euro monatlich, was defacto Altersarmut bedeutet. Im Übrigen ist das die höchste Rentenlücke von allen OECD Staaten in Europa. Aber die Armut droht auch schon zuvor. Nämlich, wenn man sich für die Familiengründung entscheidet. Nächster Punkt:
Frauen sind insgesamt armutsgefährdeter als Männer, etwa als Alleinerziehende, die in 9 von 10 Fällen weiblich sind. Hier spielen abermals die Themen der Betreuungsmöglichkeiten, Teilzeit-Arbeit und fehlende Aufstiegschancen mit ein.
Würde es denn helfen, wenn Frauen vermehrt in noch mehrheitlich männlich geprägte Berufe gehen? Jein. Denn ja, natürlich hebt das den Lohn und technische Berufe bieten gute Zukunftsperspektiven. Aber: Eine Studie die Gehaltsentwicklungen über einen längeren Zeitraum untersuchte zeigte, dass Frauen einfach in bislang gut bezahlte Branchen zu lenken, auch nicht zwingend eine Lösung ist. Denn die Daten zeigten: Stieg die Frauenquote auf über 60 Prozent hoch, sank das Gehalt runter. Der Effekt hat übrigens auch andersherum funktioniert. In den 60er Jahren war beispielsweise die Programmier-Branche weiblich dominiert – als sich das drehte, stiegen auch die Gehälter.
Was diese Zahlen auch zeigen ist: Der Gender Pay Gap ist in vielen Punkten eigentlich kein Geschlechterthema, sondern ein Familienthema. Denn er hängt vielfältig mit der familiären Situation zusammen und damit, dass Frauen in Beziehungen oder Alleinerziehende häufig immer noch den größeren Anteil der unbezahlten Sorge- und Erziehungsarbeit übernehmen.
Das heißt, die Auswirkungen von unbezahlter Arbeit werden auch mehrheitlich von Frauen getragen. Was uns beim Thema Gender Gap also weiterbringt, ist ihn also erstmal anzuerkennen. Er ist da, er ist real und wir können nicht nur auf die bereinigte Zahl von sechs Prozent schauen, sondern müssen uns den strukturellen Ungleichheiten annehmen.
Was tun gegen den Gender Pay Gap?
Bei der Vereinbarkeit von Job und Familie liegen folglich die größten Hebel für eine positive Veränderung. Helfen würde etwa, dass sich Eltern die Sorgearbeit für Kinder oder auch ältere Angehörige gleichberechtigter aufteilen, die Betreuungsangebote noch deutlich ausgebaut oder aber die Vollzeitarbeit auf unter 40 Stunden pro Woche sinken würde. Auch Karrieren in Teilzeit möglich zu machen, würde helfen die Lohnlücke zu schließen. Effektiv wäre auch die finanzielle Aufwertung von gesellschaftlich so wichtigen Berufen, wie in der Pflege oder der Erziehung und Bildung.
Man könnte auch einen steuerlichen Anreiz für mehr Arbeitsstunden schaffen, denn durch das bestehende Ehegattensplitting lohnen sich zwei Vollzeitarbeitende in einer Ehe oftmals gar nicht. Schaut man aber auf die Scheidungsquoten in Deutschland wird klar: Man sollte sich finanziell nicht auf eine Ehe verlassen.
Auch der Ausbau von transparenten Gehältern, wie wir sie etwa bei Tomorrow haben, kann bei der Schließung der Lohnlücke helfen. Denn sie machen es leichter, sich zu vergleichen und so in Gehaltsgesprächen nicht unter Wert zu verhandeln. Es gibt ganz vielfältige Möglichkeiten, die Lohnlücke weiter zu schließen.
Wo auch immer man ansetzt: Positive Effekte hätte das Schließen des Gender Pay Gaps viele. Der wichtigste ist aber: Es ist gerecht, wenn weder das Geschlecht, noch die familiäre Situation negativ auf die finanzielle Sicherheit und Wertschätzung einzahlt.
Über den Equal Pay Day
Der Equal Pay Day ist ein jährlicher Aktionstag, der auf die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen und auch sogenannten Frauenberufen gegenüber männlich dominierten Branchen aufmerksam macht. Er hat seinen Ursprung in den USA und hat sich mittlerweile in vielen Ländern etabliert. Der Tag, an dem er stattfindet, markiert die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen symbolisch. Deshalb findet er jedes Jahr an einem anderen Tag statt – je nachdem wie die Lohnentwicklung zwischen den Geschlechtern ist.
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