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Un(-fair): Brauchen wir eine Vermögenssteuer?

Veröffentlicht am 11. November 2024

Geld und (gefühlte) Gerechtigkeit: In unserer Serie (Un-)fair schauen wir uns Themen an, die immer wieder für hitzige Diskussionen sorgen. Dieses Mal geht's um die Vermögenssteuer. Und die Fragen: Über was sprechen wir hier eigentlich, wie sieht’s mit der Fairness aus – und geht das nicht besser?

Vermögenssteuer: Ein paar Fakten

Wer hat wie viel Geld und warum fällt es reicheren Menschen scheinbar leichter, ihr Geld zu vermehren als weniger privilegierten Menschen, ihr Geld zu verdienen? Wir starten mit den Fakten:

Wer exakt wie viel Geld in Deutschland hat, lässt sich nur schätzen. Denn Vermögen kann einerseits Bargeld, aber auch Immobilien, Unternehmensanteile, Ausschüttungen, Investmentfonds oder Edelmetalle wie Gold sein – alles genau zu erfassen ist nahezu möglich. Das heißt, wir sprechen hier von Näherungswerten.

In Deutschland gibt es einer aktuellen Studie zufolge rund 3.300 superreiche Menschen, dazu zählen jene, mit mindestens 90 Millionen Euro Vermögen. Ihnen gehören insgesamt 23 Prozent des gesamten Finanzvermögens in Deutschland. Um zum reichsten ein Prozent zu gehören, braucht man in Deutschland ein Nettovermögen von etwa 1,7 Millionen Euro. Die fünf reichsten Deutschen haben zusammen ein Vermögen von 155 Milliarden US Dollar.

Die obersten zehn Prozent der Deutschen besitzen derzeit 67 Prozent des gesamten Nettovermögens, zu ihnen gehört man ab etwa 275.000 Euro. Etwa die Hälfte der Deutschen hat ein sehr kleines Vermögen und ungefähr 15 Prozent haben kein Vermögen. Die untere Hälfte in der Verteilung besitzt gerade einmal rund ein Prozent des Gesamtvermögens in Deutschland. Damit gehört Deutschland zu einem Land, in dem das Vermögen besonders ungleich verteilt ist. Kann eine Steuer das auflösen?

In Deutschland gab es zumindest bis 1996 eine Vermögenssteuer, sie ist seither ausgesetzt – das entsprechende Gesetz gibt es aber noch. Eine Wiedereinführung wird immer wieder diskutiert, die Ausgestaltung ist aber unklar. Vorschläge gibt es etwa dazu, eine Vermögenssteuer ab zwei Millionen Euro Vermögen anzusetzen. Das würde dann die reichsten ein Prozent der Deutschen betreffen.

Fair: Deshalb brauchen wir eine Vermögenssteuer

Klar ist: Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland immer weiter auf. Gerade Menschen, die sehr vermögend sind, konnten ihr Geld in den letzten Jahren auch besonders stark vermehren. Fast eine Millionen Menschen können in Deutschland alleine von ihrem Vermögen leben – so viele wie nie zuvor. Das liegt beispielsweise daran, dass reiche Menschen sehr viel risikoreicher investieren können und so auch mehr Chancen auf eine hohe Rendite haben. Aber es liegt auch an großen Erbschaften, die in der sowieso bereits wohlhabenden Bevölkerung besonders häufig vorkommen. Eine Vermögenssteuer könnte hier für mehr Balance sorgen, wenn sie tatsächlich nur die wohlhabendsten Menschen Deutschlands betreffen würde. Das wäre mit einer Vermögenssteuer für das reichste ein Prozent der Deutschen der Fall. 

In den möglichen Mehreinnahmen für den Staat steckt auch eine weitere Chance: Denn mit ihnen könnten Staatsschulden abgebaut werden, was einerseits uns als gesamte Gesellschaft am Wohlstand teilhaben lassen würde, der hierzulande aufgebaut wurde und andererseits auch die kommenden Generationen entlasten kann. 

Unfair: Eine Vermögenssteuer bringt uns nicht weiter

Kritik an einer Vermögenssteuer gibt es etwa hinsichtlich einer Kosten-Nutzen-Rechnung. Denn sollte eine Vermögenssteuer erhoben werden, könnte es sein, dass einerseits das Vermögen ins Ausland abwandert, wenn wohlhabende Menschen die Steuer umgehen wollen und andererseits, dass Unternehmen an Investitionskraft verlieren, weil mehr Gewinne in die Steuer fließen. Zudem wird oftmals auch der Zuwachs an Bürokratie angemerkt, der mit einer solchen Steuern einhergehen könnte –  das könnte die Wirtschaft belasten. 

Und jetzt – was folgt daraus?

Eine Vermögenssteuer könnte das Gros der Gesellschaft definitiv entlasten. Laut einer Studie hätte der Staat mit der Vermögenssteuer im vergangenen Jahr Mehreinnahmen von rund 30 Milliarden Euro gehabt – gebraucht werden würde es überall: Von der Infrastruktur, über Klimaschutz bis zur Bildung. 

Zum Argument, dass Vermögen ins Ausland abwandern und Deutschland so mehr Geld verlieren als gewinnen würde, ist zu sagen, dass das erst einmal eine Annahme ist. Blickt man zum Beispiel in die Schweiz, dann zeigt sich, dass eine progressive Besteuerung von sehr hohen Einkommen durchaus möglich ist – ohne dass die Wirtschaft darunter leidet. 

Grundsätzlich ist es jedoch nicht so einfach, auf Vermögen eine Steuer zu erheben. Denn hier kann es in der Bewertung schnell zu Unschärfen kommen, wie etwa bei Vermögen durch Sachgegenstände. Auch steckt in Deutschland viel Geld in Betriebsvermögen, für die es relevante Steuerbefreiungen gibt. Um eine Vermögenssteuer wieder einzuführen, müsste man also mutmaßlich die Vermögensbewertung reformieren und sich auch die Besteuerung des Erbes anschauen.  

Fest steht: Für eine funktionierende Gesellschaft, in der alle ihren Beitrag leisten, müssen Menschen spüren, dass es ein echtes Interesse an einer möglichst großen Chancengleichheit gibt. Dafür sind Steuern ein Element. Denn sie sind eigentlich als Werkzeug zur Gestaltung unseres Landes gedacht, zum Austarieren von Ungleichheit und um das Gemeinwohl zu stärken. Aktuell wird viel darüber gesprochen, wie der Staat Kosten einsparen kann – die Ideen aus der Politik betreffen dabei aber vor allem Einsparungen bei den finanziell schwächsten der Gesellschaft. Sollten aber in einer solidarischen Gemeinschaft nicht starke Schultern mehr tragen als jene, die sowieso schon schlechter gestellt sind? 

Ob eine Vermögenssteuer kommt oder nicht, ist dennoch fraglich. Verschwinden wird die Debatte angesichts der sich vergrößernden Ungleichheit in Deutschland aber jedenfalls nicht.